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Wissenschaftsakademie Berlin
Vortrag "Fernsehen: Von den Anfängen zum Digital-TV", 13.08.1999. Seminarleiter: Dipl.-Medienberater Stefan Mose, mose@debitel.net
Themenübersicht:
Einleitung
I. Fernsehen
II. Farbfernsehen
III. Fernsehaufzeichnungsgeräte
IV. Satellitentechnik
V. Digitalfernsehen
VI. Literaturhinweise
- Einleitung
Zwei Wochen vor Beginn der letzten IFA in diesem Jahrtausend, die alle zwei Jahre in Berlin stattfindet, freue ich mich, Sie zu diesem Vortrag begrüßen zu dürfen.
Im folgenden soll das Fernsehen im Wandel der Zeit betrachtet, mithin wichtige Entwicklungsschritte des Fernsehens in der hier gebotenen Kürze dargestellt werden. Dabei wird es um die technische Entwicklung des Mediums Fernsehen gehen, nicht aber etwa um mit ihm zusammenhängende sonstige Fragen etwa aus dem juristischen oder politischen Bereich. Es werden also weitgehend Marksteine der Technikgeschichte behandelt, in deren Mittelpunkt die Erfindung und Entwicklung des Fernsehens steht.
- I. Fernsehen
Ein Ausgangspunkt auf dem Weg zum Fernsehen ist der alte Menschheitstraum, mit den Augen allein gewissermaßen auf Reisen gehen zu können, d.h. ohne selbst an einem bestimmten Ort körperlich anwesend zu sein, an diesem Ort etwas zu sehen.
Die Vorstellung, daß Geräte konstruiert werden könnten, die das Herholen ferner Bilder ermöglichen würden, fand sich recht früh in den Köpfen phantasievoller Menschen. So etwa bei Goethe, der seinen Faust das Bild der begehrten Helena über Raum und Zeit hinweg in einem Zauberspiegel erblicken läßt. Vorlagen für dieses Motiv finden sich jedoch bereits in mittelalterlichen Erzählungen.
Der erste Apparat, der es tatsächlich ermöglichte, über 1000 Meilen hinweg zu sehen, war in der Tat ein Fernseher. So lautet die Übersetzung des Wortes Teleskop (griech.: tele=fern, skopein=sehen). So ist das griech.-lat. Wort Television wohl deshalb entstanden, weil das ganzgriechische Wort bereits besetzt war. Das Fernrohr oder Teleskop war zwar wie die Brille bloß ein Instrument zur Verbesserung der individuellen Sehfähigkeit, also kein Massenkommunikationsmittel, gelangte aber durch Galileo Galilei (1564-1642) zu welthistorischer Bedeutung. Galilei hatte zwar das Teleskop nicht erfunden, aber als erster die Idee gehabt, es auf den nächtlichen Himmel zu richten. Er wälzte damit das geozentrische - also die Erde als Mittelpunkt betrachtende - Weltbild um, an das die gesamte westliche Menschheit seit der Antike zu glauben gewohnt war.
Das Teleskop war die erste Verwirklichung des Menscheitstraumes von der visuellen Allgegenwärtigkeit. Dieser Traum diente auch dem modernen Fernsehen als Antrieb für dessen Entwicklung. Techniker schrieben vorerst die Geschichte des Fernsehens und kümmerten sich bis weit in unser Jahrhundert kaum um den Zweck ihrer Erfindung. Ihnen ging es letztlich um Bildübermittlung.
1883 stellte der damals mittellose Ingenieurstudent Paul Nipkow am Heiligen Abend seine Patentschrift für ein sog. Elektrisches Teleskop fertig. Bereits vier Monate vorher sei ihm die "Generalidee des Fernsehens" beim Betrachten einer flackernden Kerze gekommen. Er hatte die Augen zusammengekniffen und in das Flackern des Kerzenlichts geschaut. Für ihn waren nur noch Strahlen erkennbar, die sich in einzelne Punkte auflösten, Millionen von Lichtteilchen - und letztlich ein klar erkennbares, vollständiges Bild ergaben. Die Generalidee bestand somit in der Erkenntnis, daß sich Licht zerlegen und wieder zusammensetzen läßt. Am 6. Januar 1884 wurde Nipkows Erfindung patentiert. Nipkows Patentschrift dokumentiert die Geburtsstunde des Fernsehens und beginnt mit folgendem Satz: "Der hier zu beschreibende Apparat hat den Zweck, ein am Orte A befindliches Object an einem beliebigen Orte B sichtbar zu machen."
Nipkow nennt seine Erfindung noch elektrisches Teleskop, denn das deutsche Wort "Fernsehen" ist erst um 1890 entstanden, und das Wort "Television" wurde erstmalig nach der Jahrhundertwende in den USA und Frankreich gebraucht.
Nipkow gilt unter Medienhistorikern als der große Pionier des Fernsehens, denn er war der erste, der die praktische Machbarkeit der Übertragung eines sich bewegenden Bildes bewies, und dies ohne den Zeitverlust, den andere Bildreproduktionstechniken vom Holzschnitt bis zum Film für sich beanspruchen. Nipkow ist der eigentliche Entdecker des sog. Scanning- Prinzips, also des Prinzips der zeilenweisen Bildabtastung, nach welchem das Fernsehen heute noch funktioniert. Nipkow stellte zwischen eine Lichtquelle und das abzubildende Objekt eine Scheibe mit spiralförmig angeordneten Löchern. Selenzellen setzten die Lichtpunkte in elektrische Stromstöße um.
Dennoch gilt nach dem eben Gesagten - mehr noch als für andere bedeutende Erfindungen - daß gerade das Fernsehen sich nicht einem einzigen Menschen als Erfinder zuschreiben läßt. Auch Nipkow griff auf die Leistungen anderer Tüftler und Wissenschaftler zurück, besonders im Bereich der Erforschung der Elektrizität und des Rundfunks. Wirft man zunächst einen Blick auf die Vorgänger Nipkows, so müßten zu den Pionieren auf dem Weg zur Entwicklung des Fernsehens zum Beispiel auch Baron Jöns Jacob Berzelius, der 1817 das Element Selen endeckte, gezählt werden. Weitere Wegbereiter für Nipkows Entdeckung waren F.C. Backwell der 1848 einen Kopiertelegraphen entwickelte, welcher erstmals ein Bild zeilenweise abtastete, nachdem fünf Jahre zuvor, also 1843, das Prinzip der zeilenweisen Abtastung für elektrisch zu übertragende Bilder vom schottischen Gelehrten Alexander Bain erstmals formuliert worden war. Auch hätte beispielsweise ohne den Physiker Sir George Gabriel Stokes, den Entdecker der Fluoreszenz, der Bildschirm nicht entwickelt werden können.
Viele weitere Erfindungen und Entdeckungen waren nach der Patentschrift Nipkows notwendig, um das Fernsehen zu dem Massenkommunikationsmittel werden zu lassen, das wir heute kennen.
So beweist am 13.12.1888 Heinrich Hertz vor der Berliner Akademie der Wissenschaften die Existenz von elektromagnetischen Wellen als Grundlage der Funktechnik und drahtlosen Übertragung. 1889 entwickelt Lazare Weiller ein Spiegelprisma, das fast 40 Jahre später von August Karolus zur Bildzerlegung in einem Fernsehapparat benutzt wird. Eine äußerst bedeutsame Erfindung macht 1897 der Physiker Karl Ferdinand Braun, als er die Kathodenstrahl-Oszillographenröhre, auch "Braunsche Röhre" genannt, entwickelt. Bei dieser handelt es sich um eine Art elektronischen Schreibstift, der in einem gasgefüllten (später luftleeren) Glaskolben durch die Bündelung eines Elektronenstrahls gebildet wird. Beim Auftreffen auf die fluoreszierende Innenseite der Röhre erzeugt der lenkbare Strahl Lichtpunkte auf der am anderen Ende zum Bildschirm aufgeblasenen Glasröhre. Mit dieser Erfindung beginnt nun der Wettstreit zwischen der sog. Nipkow- und der Braun-Schule.
Das mechanische Prinzip der Nipkowscheibe wie auch die Bilderzeugung unter Verwendung des Spiegelrades als mechanischen Zerleger erwies sich jedoch auf Dauer den elektronischen Entwicklungen als unterlegen. Als markantes Beispiel dafür, daß sich das mechanisch basierte Nipkow-Prinzip nicht durchsetzen konnte, muß hier die unstrittig fernsehgeschichtlich bedeutsame Übertragung eines Bildes über eine Distanz von 6000 Kilometern von London nach New York durch den schottischen Fernsehpionier John Logie Baird dienen. Die als Sensation gefeierte erste Transatlantik-Übertragung ist in Wahrheit der Beleg dafür, daß die Nipkowschule an die Grenzen ihrer Entwicklungsfähigkeit gestoßen ist: Bairds primitives Bild wies lediglich 30 Zeilen auf und arbeitete mit 12, 5 Bildern pro Sekunde. Die dafür notwendigen Signale konnten gerade noch auf den traditionellen Radio-Kurzwellen übertragen werden. Mehr schafften sie nicht, so daß das Ende der Nipkow Sackgasse erreicht war.
Als vielversprechender erwiesen sich die Versuche der Braun-Schule, deren Vertreter an die Theorien anknüpfen, die A. A. Campbell-Swinton noch vor dem Ersten Weltkrieg entwickelt hat. Der erste, wie auch der zweite Weltkrieg haben die Entwicklung des Fernsehens entscheidend behindert, da besonders die Wissenschaftler, aber auch die wirtschaftlichen und technischen Ressourcen für die Entwicklung des Fernsehens militärischen Zwecken zugeführt wurden. Neben Philo Farnsworth, dem 1927 die Übertragung einer Dollarmünze mit einer Kamera nach dem Kathodenstrahlprinzip gelingt, ist es vor allem Vladimir Kosma Zworykin, der sich mit großem Erfolg an die Entwicklung des noch heute gültigen Prinzips der Fernsehübertragung macht. 1918 in die USA emigriert, arbeitet er als Fachmann für Hochfrequenz- und Fernsehfragen bei der RCA (Radio Corporation of America) und erhält 1923 sein erstes Patent für einen elektronischen Bildabtaster. Dieses sog. Ikonoskop bekommt bald darauf als Gegenstück einen elektronischen Bildempfänger, das Kineskop. Obschon sich mit Zworykin bereits die Niederlage der Nipkow-Schüler abzeichnete, bedurfte es noch einiger Zeit, bis sich die Braun-Schüler mit ihrem System durchsetzen konnten, zumal die Weltwirtschaftskrise vom Oktober 1929 die Finanzquellen zum Versiegen gebracht hatte. Einer der führenden Pioniere der Braun-Schule war Manfred von Ardenne, der am 14. Dezember 1930 zum ersten Mal ein vollelektronisches Fernsehsystem vorführte.
Bis in die Mitte der dreißiger Jahre bleibt die Geschichte des Fernsehens freilich reine Technikgeschichte, zum Medium im modernen Sinne und damit langfristig zum Massenkommunikationsmittel wurde es erst, als man sich konkrete Gedanken über ein Programm machte.
Das erste Fernsehprogramm der Welt begann am 22. März 1935 in Berlin. Der Sender Paul Nipkow Berlin startete vorerst mit einem Bildraster von 180 Zeilen und 25 Bildern pro Sekunde. Die Bilder blieben meist noch unscharf, verzerrt und verschwommen, besser wurde die Qualität erst, als im Juli 1937 eine neue 441- Zeilennorm eingeführt wurde. Ab Mai 1935 wurden Programme täglich ausgestrahlt, die in sogenannten Fernsehstuben mit 30 40 Zuschauerplätzen betrachtet werden konnten. Die erste Ansagerin der Welt stammte ebenfalls aus Berlin. Ihr Name lautete: Ursula Patzschke. Für ihre Bildschirm-Auftritte wurden ihre Lippen schwarz geschminkt, weil die Fotozellen der damaligen Kameras bei roter Farbe streikten, die Augenlider erhielten einen grünen Aufstrich und ihr Haar wurde mit Goldstaub überpudert.
Der erste Höhepunkt des Fernsehens als Massenkommunikationsmittel waren dann die Olympischen Spiele 1936 in Berlin. In 27 Fernsehstuben verfolgten rund 150.000 Zuschauer die Übertragungen auf projiziertem Großbild. An drei Stellen des Olympiastadions waren Kameras aufgestellt, die größte, die sogenannte Ikonoskop-Kamera wurde vom Telefunken-Ingenieur Walter Bruch bedient, der sie mitentwickelt hatte.
Auch im übrigen Europa und in Amerika wurde bis zum Zweiten Weltkrieg das Fernsehen immer populärer. Nach dem zweiten Weltkrieg brauchte Europa länger als Amerika, um sich vom Krieg zu erholen. Dementsprechend länger dauerte es auch, die unterbrochene Fernsehentwicklung wieder in Gang zu bringen. 1951, als in den USA bereits die 10 Millionen-Grenze überschritten ist, sind in England erst 600.000 und in Deutschland noch keine 2000 privaten TV-Geräte in Betrieb. Dies nicht zuletzt auch, weil TV-Geräte noch sehr teuer sind. 1500 Mark kostet ein Tischgerät. Während im März 1953 ganze 1117 Apparate in Deutschland in Betrieb sind, steigt jetzt die Nachfrage nach TV-Geräten rapide und auch die Preise purzeln: ein Apparat kostet Mitte der 50er Jahre im Schnitt nur noch 700 Mark. Kaum läuft das Geschäft, so kündigt sich eine weitere Neuheit an: das Farbfernsehen.
- II. Farbfernsehen
Die Prinzipien der Farbreproduktion wurden bereits vom schottischen Physiker James Clerk Maxwell entwickelt. Er nahm ein Schottenmuster nacheinander durch Rot-, Grün und Blaufilter auf und mischte diese sog. Farbauszüge in der Projektion wieder zusammen. Erstmals wurde dieses Verfahren 1855 vorgeführt. Auf diesem Verfahren basieren noch heute Farbfernsehkameras und -apparate. Diesem Verfahren liegt das Prinzip zugrunde, daß unser Auge zwar mehr als 10. 000 verschiedene Farbschattierungen wahrnehmen kann, sich diese vielen Farben aber auf alle drei Grundfarben reduzieren lassen.
An der Anwendung dieses Maxwell'schen Prinzips auf die Fernsehtechnik hatten bereits Pioniere wie Nipkow gearbeitet, der bereits in seiner Patentschrift von Farbauflösung spricht. Auch Baird, Otto von Bronk und Herbert E. Ives beschäftigten sich mit diesem Problem. Zudem beschrieben Frankenstein und Jaworski schon 1904 ein mechanisches Farbfernsehen. 1936 begann der Amerikaner Peter Goldmark bei der CBS an einem System zu arbeiten, das die drei Grundfarben nacheinander abtastete. Im Jahr 1938 entwickelte der deutsche Werner Flechsig die sog. Schattenmaskenröhre. Es handelt sich bei dieser um eine Fernsehröhre, deren Schirm aus einer Vielzahl von rot-blau-grünen Farbpunkten bestand. An Stelle eines einzigen Elektronenstrahls ließ Flechsig drei Strahlen, also für jede Grundfarbe einen, durch eine vor dem Schirm liegende Lochmaske fallen.
Als die Fernsehtechniker nach dem zweiten Weltkrieg an diesem System weiterarbeiteten, stellte sich ihnen folgendes weitere Problem: Das Schwarzweiß-Fernsehen hatte sich ja schon zu verbreiten begonnen. Weder dem Publikum, noch dem Markt war es zuzumuten, das Farbfernsehen auf einem völlig neuen Netz zu übertragen. Daher standen die Fernsehtechniker vor der Aufgabe, kompatible Systeme zu entwickeln, die in der Lage sind, dem Schwarzweißempfänger auch bei der Farbausstrahlung ein einwandfreies Bild zu vermitteln. Auch umgekehrt sollten die Systeme nicht den Besitzer von Farbempfängern vom Empfang bloßer Schwarzweißsendungen ausschließen. In den USA greifen zu Beginn der fünfziger Jahre Forscher auf die von Flechsig entwickelte Maskenröhre bei der Entwicklung einer Farbbildröhre zurück. 1953 wird von der FCC (Federal Communications Commission) die Einführung eines kompatiblen Systems beschlossen. Doch langsamer als erwartet stellt das Publikum von den Schwarzweißempfängern auf Farbfernsehgeräte um. Als Grund hierfür wird die mangelhafte Farbgebung des zu hastig entwickelten NTSC-Farbverfahrens genannt. So wird das Kürzel für die amerikanische Farbnorm auch als "Never The Same Colour" - niemals dieselbe Farbe - verspottet. In Frankreich wird das System SECAM (Séquence à Mémoire) von Henri de France entwickelt, und in Deutschland erfindet 1963 Walter Bruch bei Telefunken das PAL-Farbfernsehen (Phase Alternation Line). Gegenüber dem amerikanischen und dem französischen System hat PAL den Vorteil der automatischen Ausschaltung von Übertragungsfehlern und garantiert damit eine brilliantere und naturgetreuere Farbqualität als die anderen beiden Systeme. Noch vor der Ölkrise und der darauf folgenden Rezession schafft das Farbfernsehen in Europa den Durchbruch und wird in der Bundesrepublik am 25. August 1967 per Knopfdruck auf der IFA in Berlin von Willy Brandt, in der DDR 1969, eingeführt.
- III. Fernsehaufzeichnungsgeräte
Ein weiterer Meilenstein bei der professionellen Entwicklung des Fernsehen war die Erfindung der elektronischen Fernsehaufzeichnung. Die meisten Ereignisse werden heute nicht mehr live übertragen, sondern werden vorproduziert. Ausnahmen hierzu bilden etwa Sportereignisse oder Nachrichtensendungen. Da vor allem amerikanische Unterhaltungskünstler wie Bing Crosby sich nicht damit abfinden wollten, daß sie jede Show fürs Fernsehen zweimal spielen mußten, nur weil die beste Fernsehzeit zwischen New York und Los Angeles wegen der Zeitverschiebung um drei Stunden differierte, wurde die elektronische Fernsehaufzeichnung erfunden. So war es denn auch Bing Crosby, der sein Geld in eine eigene Firma investierte, die neben der RCA und den beiden Ingenieuren Charles P. Ginsburg und Ray Dolby an der Entwicklung eines Bildaufzeichnungssystem arbeitete. Sie entwickelten das Sog. Ampex-System, das binnen kurzer Zeit die Fernsehstudios weltweit eroberte und die Fernsehproduktion revolutionierte. Mit den Ampex-Maschinen war es nun möglich, bereits gesendete Live-Sendungen zu speichern. Daneben konnten nun Sendungen auch vervielfältigt und bearbeitet werden. Folglich wird auch der 30. November 1956 als fernsehhistorischer Tag bezeichnet, weil die amerikanische Fernsehstation CBS ihr Programm erstmals drei Stunden nach der Live-Ausstrahlung in New York per Magnetbandaufzeichnung nach Los Angeles übermitteln konnte. Die Fernsehmacher erkannten bald die Vorzüge der grundlegend neuen Produktionstechnik, die es erlaubte vorzuproduzieren, besser zu planen und qualitativ einwandfreie Sendungen herzustellen. So ist es nicht verwunderlich, daß auch der internationale Programmaustausch bald viel intensiver vollzogen wurde als zu den Pionierzeiten des Programmbetriebes. Der Transport der Bandspulen, später auch von Kassetten, geschah allerdings auf dem Postweg und warf damit das Fernsehen an sich - mediengeschichtlich betrachtet - in die vorelektronische Zeit zurück.
Der weltweiten Verbreitung von drahtlosen Fernsehsendungen stand eine wesentliche Eigenschaft der Fernsehträgerwellen entgegen und zwar aus folgendem Grund: Die Hochfrequenzwellen können nämlich nur empfangen werden, wenn zwischen Sender und Empfänger theoretisch eine gradlinige Sichtverbindung besteht. Die Reichweite der Fernsehsender wird allerdings durch die Erdkrümmung oder Berge beschränkt. Vorerst boten Richtstrahl- und Kabelnetze, welche die gesendeten Signale immer wieder verstärkten, eine Lösung für dieses Problem an. Mit dieser Technik entstand in Amerika ein nationales Programm und in Europa wurde 1954 die Eurovision geboren. Das erste Großereignis war hierbei die Fußballweltmeisterschaft 1954 in der Schweiz, die 60 Millionen Zuschauer in Europa vor den Bildschirmen miterleben konnten.
- IV. Satellitentechnik
In dieser Zeit wurde bereits an die Zukunft gedacht und es erhob sich die Frage, wann man mit den USA Programme austauschen könnte. Die Antwort auf diese Frage konnten die Techniker der damaligen Zeit bereits theoretisch beantworten. Es mußte aus ihrer Sicht über Relaisstationen gegangen werden, die über der Erde standen, damit eine geradlinige Verbindung zwischen weit entfernten Stationen ermöglicht werden konnte. So kam es schließlich etwa zeitgleich mit dem Beginn des Weltraumzeitalters zu einem weiteren Aufbruch in ein neues Fernsehzeitalter, als der amerikanische Fernmeldesatellit Telstar 1 am 10. Juli 1962 in Cap Canaveral in die Erdumlaufbahn geschossen wurde. Der Satellit Telstar 1 warf die Signale nicht nur wie ein Spiegel zur Erde zurück, sondern verstärkte sie darüber hinaus. Am 23. Juli 1962 konnten somit 200 Millionen Zuschauer den ersten Programmaustausch zwischen Europa und den USA verfolgen. Weitere Satelliten perfektionierten den internationalen Programmaustausch in der Folgezeit. Die erste Mondlandung am 16. Juli 1969 konnte schließlich von Millionen Zuschauern live, über eine Rekorddistanz von 365 000 km, verfolgt werden.
- V. Digitalfernsehen
Die technische Weiterentwicklung des Mediums Fernsehen erscheint auch unter dem Gesichtspunkt der sich immer mehr verbreitenden Digitalisierung der Medien nahezu unbegrenzt. Der Begriff Digitalfernsehen ist zu einem neuen Zauberwort des ausgehenden Jahrhunderts geworden. Es ist wohl keine falsche Behauptung, daß die Digitaltechnik auch für den Bereich des Fernsehens eine neue Epoche eingeläutet hat. So sprechen Kritiker bereits von einem "Information Overkill" durch Fernsehgeräte, die entweder mit einem Zusatzgerät oder einem Decoderchip versehen sind, da durch die neue digitale Technologie auch die Anzahl der zu wählenden Fernsehprogramme gesteigert wird.
In der Zukunft ist eine der großen technologischen Aufgaben, die beiden Modelle Fernsehen und Telefon näher zusammenzubringen. Immer stärker wird vermutlich das Fernsehen auch durch Schlagworte wie Interaktivität und Datenautobahn gekennzeichnet werden. Ob dabei das World Wide Web oder andere Standards bei der Entwicklung eines wirklich interaktiven TV eine Rolle spielen, wird hierbei die weitere Zukunft zeigen müssen.
- VI. Literaturhinweise
Zur weiteren Lektüre zu den im Vortrag behandelten Themen empfehle ich Hagedorn /Cortesi: Mensch und Medien Band 2, AT Verlag, Arau/Stuttgart 1986; Drösser, Christoph: special: Fernsehen, Rowohlt 1995;
sowie Peter Paul Kubitz: Der Traum vom Sehen - Zeitalter der Televisionen, Verlag der Kunst, Dresden 1997 (Katalog zur Ausstellung im Oberhausener Gasometer). Außerdem zu den im Vortrag nicht behandelten Themen als Ergänzung für diejenigen, die sich mit der Fernseharbeit beschäftigen wollen:
Karstens, Eric/Schütte, Jörg: Firma Fernsehen - Wie TV-Sender arbeiten: Alles über Politik, Recht, Organisation, Markt, Werbung, Programm und Produktion,
Rowohlt Mai 1999.
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