Berliner Zeitung, 28.06.2000




Wohin soll das noch führen?

Rafael Horzon, Sie sind Verleger des www Verlages und Autor der Bücher "Modern sein - Fit im Kopf ins 3. Jahrtausend, Vol. 1 & 2", in denen Sie wissenschaftlich nachgewiesen haben, dass Kunst unmodern ist. Sie betreiben seit 1997 die "Wissenschaftsakademie Berlin", eine Privatuniversität mit fortschrittlichen Lehrmethoden. Vor einem Jahr eröffneten Sie die erste Filiale der Möbelkette "Möbel Horzon", für die Sie unter anderem exclusiv Regale wie "Modern", "Interessant" und "Aufwändig" entworfen haben. Zum Jubiläum ihrer Unternehmensgruppe Modocom lancieren Sie nun ihr Modelabel "Gelée Royale". Wohin soll das noch führen?

Nach unserer Jubiläumsgala im WMF beginnen direkt die Planungen zum Parfüm-Release unseres Labels. Ein Problem dabei ist die Namensfindung: Wie Sie ja vielleicht wissen, bezeichnet man als "Gelée Royale" auch den Futtersaft, mit dem die Larve der Bienenkönigin ernährt wird. Gelée Royale können aber auch Menschen als Kräftigungsmittel trinken, eine Ampulle kostet mehrere tausend Mark. Ein Parfüm, das "Gelée Royale" heisst, könnten wellness-gewohnte Menschen möglicherweise austrinken. Das ist sehr gefährlich. Im November wird jedenfalls mit einer grossen Gala der Duft unseres Modelabels präsentiert. Wir haben bereits Kontakte nach Grasse geknüpft. Grasse ist ein kleines Städtchen in der Nähe von Cannes und das Zentrum der französischen Parfüm-Industrie.
In der Zwischenzeit werden wir ausserdem unsere Foto- und Modelagentur "Cosmocom" ausbauen. Wir haben ja bereits die Fotos zu unserer ersten Gelée Royale-Kampagne selbst produziert, Fotos wie aus einer anderen, glücklicheren Welt. Bei unserer Recherche nach Fotografen und Models haben wir schnell festgestellt: Bevor wir uns auf Kompromisse einlassen, ist es einfacher, auch diese Dinge selbst in die Hand zu nehmen.
Danach beginnen die Planungen zum Aufbau unseres Platten-Labels. Ein Label für elektronische Tanzmusik, im Sommer 2001 soll der erste Release sein, eine Compilation mit verschiedenen befreundeten Musik-Projekten, unter der Ägide von Pierre Boulez.
In diesem Sommer, also 2001, werden wir in unserem Loft sitzen – in Gelée Royale gekleidet, umgeben von Moebel Horzon Regalen – unsere Musik hören, schlanke, langgestreckte Zigaretten rauchen und zufrieden aus dem Fenster sehen.
Falls uns das Geld ausgeht, werden wir Werbe-Kampagnen für grosse Konzerne entwickeln. Ich glaube, dass aggressive, vergleichende Werbung eine grosse Zukunft hat. Für Moebel Horzon haben wir letztes Jahr eine solche Kampagne gestartet: Unter dem Titel "Umtausch + Zersägung = Zufriedenheit" konnte man seine alten IKEA-Regale umsonst gegen neue Moebel Horzon-Regale eintauschen, die IKEA-Regale wurden vor unserem Laden mit Motorsägen zersägt. Die Aktion war ein grosser Erfolg. Vielleicht könnte man Daimler-Chrysler anbieten, auf dem Potsdamer Platz BMWs mit grossen Pressen zu zerquetschen. Die Botschaft wäre: BMWs sind nicht haltbar. Jeder würde das verstehen, auch Konzernchef Schrempp wäre überglücklich, glaube ich.

Und wie lautet die Botschaft, die hinter Ihrem Modelabel steht?

Die Botschaft lautet: In Kleidung von Gelée Royale wirst du ständig neue, interessante Menschen kennenlernen, du wirst immer schöner werden, das Glück wird dein ständiger Begleiter sein. Deine Freunde werden dich um deine Kleidung beneiden, und irgenwann wirst du die Bedeutung des Wortes "Problem" vergessen haben.

Ihre Projekte sind sehr unterschiedlich. Wie hängen sie zusammen?

Es sind alles Teile unseres modocom-Unternehmens. Wenn Sie die Internetseite modocom.de betrachten, wird alles ganz deutlich: Dort steht in grossen Lettern "modocom", und darunter in kleiner Schrift die Namen der einzelnen Unternehmensteile. Das ist aber natürlich nur ein ideeller Zusammenhalt. Alle Teile sind sehr modern organisiert und es wird tatsächlich mit Werten gehandelt. Keine Start-up-Unternehmen, die aus einer fahlen Idee bestehen und in drei Monaten Konkurs anmelden. Wir bieten Produkte an. Und diesen Produkten ist letztendlich doch etwas gemeinsam: Qualität.



Interview: Harald Peters








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